1871 BIS 1981

Als im Herbst 1871 - Tag und Monat lassen sich nicht mehr feststellen - der junge Hilfslehrer Karl Macher den MGV "Frohsinn" Mörbisch gründete, da konnte niemand ahnen, dass diese Vereinigung mehr als 140 Jahre überdauern würde. Und wenn wir die geschichtlichen Ereignisse von 1871 bis 2018 - soweit sie auch auf das Leben in unserem Dorf Einfluss hatten - überblicken, so erscheint es wie ein Wunder, dass der Verein dieses auch für unseren Raum so schicksalhafte Jahrhundert überlebt hat. Wir dürfen heute annehmen, dass diese Gründung vor über 140 Jahren geradezu in der Luft lag, dass es im damals deutschwestungarischen Raum eine Notwendigkeit gewesen sein muss, "Singvereine" zu gründen, die sich der Pflege des deutschen Liedgutes und
damit gleichzeitig auch der deutschen Sprache annahmen. Diese Singvereine hatten aber auch für das gesellschaftliche Leben im Dorf, so wie in der Stadt, ihre besondere Bedeutung. Überall entstanden damals, angeregt durch das Beispiel von Ödenburg, deutsche Gesangsvereine. Wie sehr von Ödenburg die Anregungen ausgegangen sein mögen, wie sehr das kulturelle Leben Ödenburgs, besonders auf die so genannten "Stadtdörfer" - Mörbisch gehörte ja auch dazu - ausgestrahlt haben mag, das können wir aus der Tatsache ableiten, dass der Tonsatz zu unserem Wahlspruch:

"Ein Lied aus voller Brust ist freier Männerlust" von den damals sehr bekannten Ödenburger Musikprofessor Christian Altdörfer stammt, und dass auch die Fahnenmutter, als 1884 die Vereinsfahne beschafft wurde (Fahne existieret heute noch), Rosa Haißler, eine Ödenburgerin war. Enge Kontakte zu den Ödenburger Gesangsvereinen bestand übrigens bis zum Jahre 1930, also noch lange nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich. Anzunehmen ist, dass es diesen Gesangsvereinen in den einzelnen Ortschaften mit zu verdanken ist, dass die deutsche Sprache in Westungarn erhalten blieb und die Magyarisierungswelle wohl die Schicht der Intellektuellen, nicht aber das Volk erfassen konnte. Eine lückenlose Darstellung des Vereines lässt sich heute nicht mehr erstellen, da die Unterlagen hiefür nicht mehr vorhanden sind. Das älteste, heute noch vorhandene Protokoll ist das über die Hauptversammlung vom 15. Jänner 1887, aus dem hervorgeht, dass der damalige Präses (=Obmann) des Vereines, der Pfarrer Gustav Petz war. Der erste Präses war wohl Pfarrer Posch, der zur Zeit der Gründung in Mörbisch wirkte. So war wohl jeder evangelische Pfarrer in Mörbisch der Präses des Vereines. Bis 1961. Erst ab diesem Jahr wird der Obmann aus der Sängerschar gewählt. Der erste Chorleiter war wahrscheinlich auch der Vereinsgründer, der Hilfslehrer Karl Macher. Ihm folgte vermutlich schon 1874 der Kantorlehrer Ludwig Raiger , der 1877 nach Mörbisch kam. In seine Zeit fiel das 25-jährige Gründungsfest, das allerdings versäumt und erst 1897 das 26-jährige gefeiert wurde. Sein Nachfolger ist von 1907 bis 1909 der junge Hilfslehrer Martin Groß. Ihm folgt unser langjähriger Ehrenchorleiter Josef Kanter nach. Er betreut gesanglich den Verein bis 1948 (39 Jahre!) und führt ihn über Höhen und Tiefen. Denken wir an den ersten Weltkrieg, an die Schwierigkeiten der Zwischenkriegszeit, an die erzwungene Einstellung der Vereinstätigkeit während des zweiten Weltkrieges. Trotzdem stellte das Fest des 50-jährigen Bestandes einen besonderen Höhepunkt dar. Am 19. Juni 1921 konnten 24 Gesangsvereine, besonders aus dem Raum Ödenburg begrüßt werden. Fünf Gründungsmitglieder haben diesen Tag noch erlebt. Der Verein dürfte damals wie später nach 1945 vor einem neuen Beginn gestanden sein. Dieses Fest konnte trotz der schwierigen politischen Lage - es ging damals um den Anschluss des Burgenlandes an Österreich und um die Abstimmung in Ödenburg - als ein Auftakt für den neuen Anfang gelten. Am 6. Juni 1948 ruft Chorleiter Josef Kanter die alte, sehr klein gewordene Sängerschar zusammen, und es wird die Wiederaufnahme der Tätigkeit im alten Umfang beschlossen. So steht es in den Protokollen. Freilich muss schon 1946 mit der Arbeit begonnen worden sein, denn bei einigen Sängern ist als Eintrittsjahr das Jahr 1946 ausgewiesen. Ein offizielles Beginnen war wegen der Besatzungsmacht erst 1948 möglich. Im November 1948 legt Josef Kanter aus Altersgründen die Chorleiterstelle zurück. Der Verein beauftragte den Lehrer Michael Lang mit der musikalischen Betreuung des Chores. Er hat damals den Chor mit einer Stärke von 16 Mann übernommen. Im Laufe seiner Tätigkeit wächst und wächst der Chor. 1951 feiert man das 80-jährige Jubiläum. Es stand, politisch gesehen unter keinem günstigen Stern, denn die Besatzungsmacht stand noch im Land. Trotzdem haben schon wieder 16 auswärtige Vereine daran teilgenommen, aber kein einziger mehr aus Ödenburg und Umgebung, weil mit der Vertreibung der Deutschen aus diesem Gebiet auch das Schicksal dieser Vereine besiegelt war. 


Das Programm zum 80-jährigen Gründungsfest 1951

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Was für ein Gefühl muss es deshalb 1957 für den Chor und für den Chorleiter gewesen sein, als man mit der Gründung der Seespiele Mörbisch durch Kammersänger Herbert Alsen, der Verein mit seinen Sängern auf die Seebühne gebeten wurde. Heute wissen wir, dass es ohne diesen Einsatz des Männergesangsvereines und auch anderer sangesfreudiger Mörbischerinnen und Mörbisch kaum möglich gewesen wäre, die Seespiele zu solchen Höhen zu führen. Viele nächtliche und nachmitternächtliche Proben, diese dauerten oft bis 3Uhr in der Früh, Stimmbildungsaufgaben und Schauspielkünste waren notwendig, um mit dem Spiel auf dem See beginnen zu können. Sechs Jahre haben die Sänger der Operette gehuldigt, haben gesungen, getanzt, geschauspielert. Oft auch nur um das berühmte Butterbrot. Zeitungen von damals berichteten (BF-Burgenländische Freiheit), "dass ein ganzes Dorf im Schauspielfieber liegt und selbst aus den Weingärten so manche Operettenmelodie erklingt". 1961 wird Johann Lang Obmann des Vereines. Der erste Obmann, der aus den Reihen der Sänger kommt. Er verstand es, zusammen mit der Vereinsführung mit bescheidenen Mitteln überaus aktiv zu werden. Zum 100-jährigen Jubiläum am 28./ 29. August 1971 konnten 25 Gastchöre mit 700 Sängern begrüßt werden. Der Verein erhielt auch ein würdiges Geburtstagsgeschenk. Martin Schneeberger, ein   Autodidakt, schuf in unzähligen Stunden die Sängerlyra des Vereines aus St. Margaretner Kalksandstein. Sie ist ungefähr 2m hoch und steht im Vorgarten an der Nordseite der evangelischen Kirche. Der Schöpfer des Werkes hatte währende der Zeit seiner Arbeit sein Geheimnis so streng gehütet, dass seine Absicht nicht über den Kreis seiner Familie hinaus bekannt geworden war, und so konnte diese Gedenksteinenthüllung auch nicht in das Festprogramm aufgenommen werden.

1974 ergaben sich im Dreieck Mörbisch-Rust-St.Margarethen, als Kulturlandschaft "Ruster Hügelland", Gemeinschaftskonzerte. In Rust sang man für "Wein , Weib und Gesang", in Mörbisch über "Wandern und Abschied" und in St. Margarethen brachte man "Lieder Europas". Eine Sängerreise führte 1977 nach Schwäbisch Gmünd zum "Wandorfer Kiritog".

1979 Übernimmt der aus Kukmirn stammende Hauptschullehrer Reinwald Lackner die Chorleiterstelle, 1981 der Volksschullehrer Johann Schrauf die Funktion des Obmannes. Johann Lang der nach 20-jähriger Tätigkeit krankheitshalber ausscheidet, wird zum Ehrenobmann, OSR Michael Lang nach 31 Gesangsjahren zum Ehrenchorleiter ernannt. Beide haben in aufopfernder Weise für den Verein gewirkt. Ihre Persönlichkeit, ihr tatkräftiger Einsatz, ihre frohe Natur haben ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen.

Ab 1980 gab es jedes Jahr eine Sängerreise, entweder zu Chören im Inland, als auch zu Freunden im benachbarten Ausland. Botschafter und Werbeträger für unseren Heimatort Mörbisch war bis jetzt das Reiseziel des Vereines, Land und Leute kennen zu lernen, aber auch etwas    Kulturgut unseres Heimatlandes und -Dorfes weiterzugeben.


1981 wurde das 110-jährige Bestandsjubiläum mit einer Liedertafel neben der Winzerhalle begangen. Bei herrlichem Wetter konnten neben Persönlichkeiten aus Politik und öffentlichem Leben 12 Chöre aus der weiteren und näheren Umgebung begrüßt werden. Zum Fest wurde der Verein auch mit einer neuen Tracht eingekleidet: mit dem neuen blauen Burgenländeranzug mit roter Weste. Die Sänger zeigen Zusammengehörigkeit auch nach außen. Im darauffolgenden Jahr gab es die ersten Kontakte mit einem Kärntner Chor, mit dem Männergesangsverein Seeboden, wohin auch die Sängerreise führte. Es sollte nicht die letzte sein, die uns mit unsren Kärntner Sangesfreunden zusammenführte. 1984 zum 90-jährigen, 1994 zum 100-jährigen Jubiläum des Chores, und einige kleine Zwischenabstecher rundeten die freundschaftlichen Beziehungen ab. Ein freudiges Ereignis war dann die Hochzeit eines Sängers mit einer Seebodnerin.

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